Nachhilfe für Gauck an der Spielkonsole
Bundespräsident zeigte sich beeindruckt vom Projekt Computerschule.
„Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass Ihnen auch jemand das Bild per Mail zuschickt“, war gestern ein beliebter Satz von Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Rundgang durch die Innenstadt. Immer wieder blieb er stehen, ließ sich mit Greifswaldern fotografieren, schüttelte Hände, plauderte unbefangen los, stellte Fragen. Auch an Katharina Bittmann (26), die in Greifswald Landschaftsökologie und Naturschutz studiert, ursprünglich aus Brandenburg kommt und gerne in der Hansestadt lebt. Die Studentin wusste vom Besuch des Bundespräsidenten am Bodden, hatte extra auf ihn gewartet, um sich das Buch „Joachim Gauck. Winter im Sommer, Frühling im Herbst“ signieren zu lassen.
Eine Traube von mehreren hundert Leuten umkreiste Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt während des etwa 20 Minuten dauernden „Bades in der Menge“, wie es Oberbürgermeister Arthur König (CDU) nannte. Er war beeindruckt, wie offen Gauck auf die Menschen zugeht. „Ein Mann voller Esprit“, kommentierte König. Uwe Schröder, Direktor des Pommerschen Landesmuseums und damit Gastgeber des Bürgerempfangs am Abend für 100 geladene Ehrenamtler aus Greifswald, sah den Besuch als „Heimspiel“ für Gauck. „Auch viele meiner Mitarbeiter empfinden es so, dass Gauck nach Hause kommt“, verdeutlichte Schröder. Mitglieder des Vereins Lovis machten mit einem Transparent und mehreren Rettungsringen auf sich aufmerksam. Die Zukunft des Traditionsschiffs Lovis im Besitz des Vereins ist in Gefahr. Gauck hörte zu, nahm ein Flugblatt mit, schon standen neue Menschen vor ihm.
„Sehr sympathisch“ findet den Gauck auch Anja Schweiger, Mitarbeiterin der Stadtbibliothek. Dort machte der Bundespräsident Station, um sich das Projekt Computerspielschule erklären zu lassen. Von diesen Einrichtungen gibt es bundesweit immerhin nur zwei. Lorenz Garbe (17) und Alexander Beyerle (14) gehören zu den Schülern, die regelmäßig an der Computerspielschule teilnehmen und dem Bundespräsidenten deswegen einiges darüber erzählen konnten. Lorenz fand ihn „ganz cool“, Alexander meinte gelassen: „Der ist doch auch nur ein Mensch.“ Gauck zeigten sie Spiele wie World of Warcraft, Mindcraft und Sims-Lebenssimulation. Danach luden sie ihn zu einer Runde Bowling ein — an der Spielkonsole Nintendo Wii. So manches Mal rollte die virtuelle Kugel ins Aus, bis Gauck dann doch einen Treffer landete und von den Umstehenden bejubelt wurde. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) konnte dem Gast manchen Tipp geben. Bei ihm kamen die Bewegungen locker aus dem Handgelenk. Kein Wunder, denn Sellering hat eine Wii zu Hause. Gauck nahms sportlich und scherzte: „Ich brauche einen Spezialkurs 70plus.“
Torsten Gerling, Doktorand im Bereich der Plasmamedizin am Leibniz-Institut für Plasmaforschung und Technologie sowie sein Kollege Rayk Kohls, Mitarbeiter im Elektroniklabor, freuten sich über den Besucht des Bundespräsidenten in Greifswald. „Er ist gut für das INP, dass er hier ist. Dadurch werden wir bekannter. Er soll einen positiven Eindruck von uns mit nach Hause nehmen.“
aus der Ostsee-Zeitung vom 29.05.2013 / Katharina Degrassi